Galeriebrief 1/2007

30. Januar bis 17. März 2007

DAN FLAVIN (1933-1996) Works 1969-1990
Fünf Werke, entstanden zwischen 1969 und 1990, umfasst diese Ausstellung. Dazu sind Zeichnungen und Druckgrafiken zu sehen. Ein knapper Beleg für das grosse Interesse von Dan Flavin an Arbeiten auf Papier. Letztere sind überraschend und einleuchtend. Die Spannweite und Eigenart seiner künstlerischen Vorstellungen wird sichtbar. Eine Fixierung auf sein Gerät - die Verwendung von fluoreszierendem Licht - wird diesem herausragenden Beitrag zur Kunst der Moderne in keiner Weise gerecht. Eine differenzierte Rezeption, die sowohl die intensiven Sinneseindrücke, wie die Umstände ihrer Verursachung berücksichtigt, offenbart den Reichtum und die Intelligenz einer ungewöhnlich innovativen und kreativen künstlerischen Leistung.

Wie bei seinen Freunden Donald Judd, Sol LeWitt und Carl Andre bildet eine radikale Findung und Erfindung die Basis für die Entfaltung eines Lebenswerkes, zu jedem Zeitpunkt offen und undeterminierbar. Ein Gebäude letzten Endes, das nunmehr unübersehbar und stabil in die Kunstlandschaft gefügt ist.

Die Reduktion der Voraussetzungen, die klare Bestimmung der Grammatik erzeugt gleichermassen Widerstand und Stimulation, lässt Einfachheit zu, schafft aber auch Komplexität. Die 'Fixtures', also die Trägerelemente, die die elektrischen Gerätschaften enthalten, und die farbigen oder weissen Fluoreszenzröhren sind Massenware, einmal waren sie in jedem Hardwarestore erhältlich. Die reiche, standartisierte Farbskala der Röhren war international festgelegtes Vokabular, in wenigen Längen verfügbar, ein Rückgriff auf Sonderanfertigungen entfiel. Das 'found object' begrenzt die formalen Möglichkeiten. Durch die ungewöhnliche Anwendung und Inanspruchnahme dieser notwendigen Ausrüstung entsteht ein wichtiger Verfremdungseffekt, der diese Elemente und ihre Konstellationen als skulpturalen Gegenstand gut sichtbar bestehen lässt. Konvergenz und Divergenz dieses Gegenstandes einerseits und der überwältigenden räumlichen Ausdehnung des Lichts andererseits bleibt als Differenz belassen, etwas spekulativ ausgedrückt wie Begriff und Anschauung, oder Trivialität und Ueberschreitung.

Auf jeden Fall wird der teilnehmende Betrachter über die Ursache der intensiven farblichen und räumlichen Sensationen nie getäuscht. Lediglich bei einigen permanenten Installationen mit präzisen architektonischen Vorgaben hat der Künstler die Sichtbarkeit der Lichtquellen weit- gehend zurückgenommen.

Zuviel Emphase und mystische Ueberhöhung, die das blendende Lichtgeschehen zu suggerieren vermag, wird nachdrücklich zurückgenommen, zugunsten der Balance oder Ambivalenz von Gefühl und Intellekt. Anschauung und Anschaulichkeit von Kunstobjekt, Material und Raum verweisen deutlich in die Gegenwart, die jede Sentimentalität zurückweist und durchaus platonische Elemente auf den robusten Boden der Lebenswelt plaziert.

Ausstellungshinweise

Dan Flavin – Eine Retrospektive 15.11.2006 – 04.03.2007 Pinakothek der Moderne, München
«Early Retirement» 19.01. – 03.03.2007 kuratiert von Glen Rubsamen, Mai 36 Galerie, Zürich
Mario Merz – Disegni 12.01. – 09.04.2007 Kunstmuseum, Winterthur

Symposium: Wann stirbt ein Kunstwerk? Zur Konservierung und Metamorphose des Originalen in der Gegenwartskunst. Do. 1. bis Sa. 3. Februar 2007, Stuttgart
Samstag, 3. Februar 2007, 11.30: «Werkform und Urzustand», Gianfranco Verna
Akademie Schloss Solitude, Solitude 3, 70197 Stuttgart