Galeriebrief 1/2009

12. Februar bis 28. März 2009

Jerry Zeniuk (1945*) Neue Bilder
«Was ist eigentlich so grossartig daran, ein abstraktes Bild zu malen?» Eine aktuelle Ausstellungsbesprechung (J.Voss , Joan Mitchell FAZ 6.12.08) stellte diese Frage gleich zu Anfang. Was soll das Gerede von einer epochalen revolutionären Wende zur abstrakten Bildsprache? Wurde nicht vielmehr einem Macho- und Heldengebaren und der Abkoppelung von der Realität Vorschub geleistet? Damit wird übersehen, dass für viele Künstler der Moderne der Weg in die Ungegenständlichkeit ein folgerichtiger und selbstverständlicher Vorgang war und dass dieser Schritt kein Verwerfen, sondern eine Erweiterung des Bezuges zur Wirklichkeit bedeutete. Ausgangspunkt war die Entdeckung des Eigenwertes der Bildmittel und des Malvorgangs. Die Bilderfindungen, das Schaffen eines kohärenten Bildorganismus wurden so möglich und vordringlich. Das Verhältnis zum Medium war für die Maler ungebrochen und unspekulativ. Sie folgten der Spur ihres Tuns. Als Analogie zu Farbmaterie und Pinselduktus erfüllt die Bilder eine gleichsam erotische Energie, gibt ihnen sinnliche Präsenz.Die Elemente und Mittel, die sich in dieser Weise bewähren sind vollumfänglich der langen Geschichte der Malerei geschuldet. Sie belegt, dass Technik und Theorie der Bildkunst in einem engen Verhältnis zueinander stehen. Der Maler ist derjenige, der weiss was er tut. «Die Kunst des Malens kann nicht wohl beurteilt werden, denn allein durch die, die da selbst gute Maler sind, aber fürwahr den anderen ist es verborgen, wie dir eine fremde Sprache» (Albrecht Dürer). Mit seiner Erfahrung erweitert der Künstler das visuelle Wissen und stellt neues visuelles Wissen zur Verfügung. Man denke dabei an die Farbe: Farbkraft, Modulation, das Verhältnis der Farben zueinander, untereinander ist eine Thematik, die in ihrer Komplexität kaum zu bewältigen oder zu erschöpfen ist. Farbe ist Teil der Lebenswelt, sie verbindet sich mit elementarsten Welterfahrungen. Nie hat die Malerei Sichtbares bloss abgebildet, sondern als Kunst schafft sie Sichtbares. Dieses ist beständig, zusammenhängend und kommt in dieser Form in der Realität nicht vor. Der phantastische Reichtum der Bildwelten ist die eigentliche Raison d’être der Malerei. Unsere Sicht der Welt wird durch diese Bildwelten geformt. Oftmals vermag die Kunst dies zu leisten, aber es gibt auch Phasen, in denen die Künstler dieser Aufgabe nicht gewachsen sind.

Zurück zur Selbstverständlichkeit. Das Verstehenwollen drängt sich gerne vor diese Selbstverständlichkeit, die eben auch nicht ohne Anstrengung zu haben ist. Jedenfalls scheint das Bedürfnis nach einer Uebersetzung von allem und jedem in einen Text übermächtig zu sein. Entsprechende Verstehensprothesen pressen sich ja die Menschen vor den Bildern an die Ohren, um die Bilder zu hören. Jene Verbindung zur Geschichte der Malerei, die in ihren Mitteln liegt, ist wie abgebrochen, unterbrochen. Der Ungegenständlichkeit haftet der Ruch des Scheiterns, des Versagens an. Normalerweise werden ja die Selbstverständlichkeiten, welche die Künstler für sich in Anspruch nehmen, nach einer historischen Inkubationszeit zu Allgemeingut. Im Falle der abstrakten Malerei scheint dies für einmal nicht zuzutreffen. Doch liegt hier möglicherweise die Chance für eine noch nicht verbrauchte Energie in einer Szene des Verbrauchten.

Nun aber zur Ausstellung neuer Bilder von Jerry Zeniuk. Er meint was er malt und so malt er seit vielen Jahren notwendige Bilder. Wir wollen diese nicht zureden oder zerreden. Dies ist ein Plädoyer für diese notwendigen Malererien und eine Anleitung zu deren Betrachtung.

Ausstellungshinweise

16. November 2008 – 2033
Sol LeWitt A Wall Drawing Retrospective
Eine Zusammenarbeit zwischen Yale University Art Gallery, MASS MoCA, und dem Williams College Museum of Art

12. Dezember 2008 – 01.März 2009
Ree Morton The Deities Must be Made to Laugh, Werke 1971-1977 Generali Foundation, Wien (Katalog)

25. Februar – 8. Mai 2009
Robert Mangold X, Plus and Frame Paintings, Works from the 1980s, Parasol Unit, London