Galeriebrief 2/2010

26. Mai bis 10. Juli 2010

Ree Morton (1936 – 1977) Selected Works 1968 – 1972

«It’s official! A major museum exhibition, part of another, and a variegated flock of gallery shows have certified what many have suspected, that there is a brand-new Movement in our midst.» Peter Schjeldahl, prominenter Kunstkritiker, damals und auch noch heute, liess sich 1969 zu der, mit Begeisterung vorgetragenen Mitteilung hinreissen (Art International, Sept.1969).
Dies im Zusammenhang mit der Ausstellung «Anti Illusion: Procedures/Materials» im New Yorker Whitney Museum. Und er fährt fort « ... it has been visible only in glimpses – partial manifestations known, variously‚ as ‹Minimal› (in part), ‹Process›, ‹Conceptual›, ‹Destructive›, ‹Casual›, ‹Funk›, ‹Attitude›, and ‹Earthworks›». Diese Atmosphäre, in der über Unterschiede und Ähnlichkeiten heftig debattiert wurde, alles offen und beinahe nichts ausgeschlossen oder fest-gelegt war, bewegte und berauschte die am New Yorker Kunstleben Beteiligten. Und sie strahlte aus, offenbar weit über diese New Yorker Szene. Sicher auch, weil viele Künstler und Kunst-historiker – um sich mit einem «Teaching job» ihren Lebensunterhalt zu verdienen – an Museen, Universitäten und Kunstschulen in entlegeneren Landesteilen zu deren Botschafter wurden. So Robert Rohm, ein Plastiker, und Marcia Tucker, Kunsthistorikerin und Kuratorin.

Ree Morton begegnete Rohm und Tucker 1966 an der Rhode Island School of Design, an der sie Kunstkurse belegte. Die beiden Lehrer, die ihre lebenslangen Freunde wurden, vermittelten ihr den Zugang zu einer Lebensform, die Geist und Psyche, Emotion und Aktion gleichermassen neu besetzte und die Richtung ihres Lebensflusses völlig veränderte. Die Hausfrau und Mutter von zwei Töchtern und einem Sohn war seit 1956 mit dem Navy Officer Ted Morton verheiratet. 1960 hatte sie durch ein Radio Commercial von Zeichnungskursen am Jacksonville Museum erfahren. Vorher waren Kunst und Kunstausübung im Leben der jungen Frau eine inexistente Option, eine Ausbildung zur Krankenschwester war der intellektuelle Horizont. Eine neue Identität boten Kunst und Literatur, und es war eine ungewöhnliche Chance, dieses Aufgehen der eigenen, ungeformten Persönlichkeit in der sich vielfältig formierenden Kunstszene. «I figured out that life matters, too, and that being an artist is better than being a nurse. Not bad for a girl.»

Sie suchte weitere Möglichkeiten für ihre künstlerische Ausbildung, so 1970 an der Tyler School of Art in Philadelphia und zog 1972 nach New York. Ihre Ehe wurde geschieden und in den verbleibenden fünf Lebensjahren versuchte sie, ihre enge Beziehung zu ihren Kindern mit ihrer fulminanten Beziehung zur Kunst einigermassen in Übereinstimmung zu bringen. Erstaunlich ist, dass die Novizin im Kunstbetrieb von New York nicht eine von vielen war und blieb. Ihre Präsenz, ihre Vitalität, ihr Enthusiasmus und das bald schon unverwechselbare künstlerische Profil verhalfen zu Freundschaften, zu Ausstellungen, ja zur Teilnahme an solchen im Museumsbereich. Ungewöhnlich ist ihre Kenntnis anspruchsvoller Literatur von Raymond Roussel bis T.S. Eliot und die Art und Weise, wie sie ihr Verständnis der Texte für ihr Kunstschaffen fruchtbar macht. Unbekümmert und spontan, persönlich und direkt nutzt sie Worte und Sätze, Situationen und Topografien und verwandelt diese in Installationen und Zeichnungen, in Bilder und Objekte. Die Orte und Plätze für ihre Welt beschreibt und bezeichnet sie mit beinahe unbeschränktem Einfallsreichtum. Materialien und Fundstücke, Techniken und Bildmittel, die sie verwendet, geben Raum für weite Assoziationsbögen.

Am 30. April 1977 verliert Ree Morton bei einem Autounfall ihr Leben. Unsere Ausstellung ist die dritte Präsentation ihres Werkes in unserer Galerie, diesmal mit frühen Arbeiten 1968 – 1972.

Wir danken Alexander & Bonin, NY und dem Estate Ree Morton für Hilfe und Zusammenarbeit.

Ausstellungen

Rita McBride «Previously», Kunstmuseum Winterthur,
13. Juni – 5. September 2010
HAMMER Museum, Los Angeles,
The Hammer Lecture
mit Rita McBride

«Che Fare?» Arte povera, Kunstmuseum Liechtenstein,
Vaduz, 7. Mai – 5. September 2010

16. November 2008 – 2033
Sol LeWitt
A Wall Drawing Retrospective

Yale University Art Gallery und Williams College Museum of Art