«La morte, fine e principio, dà significato al principio.»
(Der Tod, Ende und Anfang, gibt dem Anfang seine Bedeutung.
Antonio Calderara: Pagine 1973)
«Lebenszeit und Weltzeit», so lautet der Titel eines Buches des eminenten philosophischen Schriftstellers Hans Blumenberg (1986). Die Spannung und Reibung, die diese Gedankenfigur erzeugt benennt einen Konflikt, der für den schöpferischen Menschen besonders gravierend ist. Auch viele der kostbaren Aufzeichnungen des Malers Antonio Calderara, 1973 veröffentlicht als kleiner Band mit dem Titel «Pagine», verdeutlichen, dass seinem Denken gemäss Leben und Kunst ihre Verbindung und ihre Tiefendimension dem Spannungsbogen von Endlichkeit und Unendlichkeit verdanken. Weltzeit wird hier durch eine metaphysische Ausdehnung bereichert, durch eine lateinische Färbung also, die an Giacomo Leopardi, Giuseppe Ungaretti und an Piero della Francesca denken lässt. Blumenberg seinerseits stellte fest, dass der Lebensanteil an der Welterfahrbarkeit schrumpft, dass die Lebenszeitnot des modernen Menschen zunimmt, dies trotz der elaborierten Technologien zur Zeiteinsparung.
Antonio Calderara hat mit seinem Lebenswerk seinen Weg aus dem Dilemma aufgezeigt. Die Bilder sind dafür das sichtbare Zeugnis. «Spazio, luce, colore luce, luce. L’uomo, il suo limite, il suo essere finito nell’infinito.» (Raum Licht, Farbe Licht, Licht. Der Mensch, seine Grenze, sein Endlich-Sein im Unendlichen.)
Weltzeit ist das Zeitmass der allgemeinen Kunstgeschichte. Eines der letzten kanonisierten Kapitel dieser Erzählung ist die Entwicklungs- und Emanzipationsgeschichte der Moderne. Die Uebergrösse der Vorgabe nötigte Calderara dazu, das ihm eigene Mass abzuschätzen und das ihm Mögliche zu leisten. «Bisogna sentirci niente per aspirare al più.» (Wir müssen uns als Nichts empfinden, um das Höchste zu erstreben.) Mit Bescheidenheit und Anmassung mutet er sich zu, eine Parallelgeschichte anzugehen, ausgerichtet nach seiner Lebenszeit. Brüche manifestieren sich nicht als Brüche. Die neue Ordnung will sich nicht aufdrängen und als endgültige Verabschiedung der Kontinuität behaupten. Die Revolutionen der Moderne sind für ihn Anstoss dazu, die ihm entsprechende Fassung zu entdecken und festzustellen, dass diese in eine Synthese des Denkens, des Wahrnehmens und des Tuns des Malers münden kann.
Ab 1924 bis 1958 entstehen feine, kleinformatige Tafeln. Wenige Grossformate bilden die Ausnahme. Persönlich und delikat sind Farbigkeit und malerische Qualität. Bildaufbau und Kompostion sind klar gegliedert und oft auf die Bildbegrenzung bezogen. Die Motive entnimmt der Maler seiner unmittelbaren Umgebung, sie zeigen seine Lebenswelt: die früh verstorbene Tochter Gabriella, die Ehefrau Carmela, die Eltern und Verwandten, aber auch Krüge, Blumen, Pilze und und die Landschaft des Ortasees. Das Haus aus dem siebzehnten Jahrhundert in Vacciago oberhalb des Sacro Monte ist Familiensitz und Arbeitsort. (Nach seinem Tod wird dieses zum Museo Collezione Calderara di Arte Contemporanea.)
Ein gemeinsamer Nenner, Resultat einer konzentrierten und ambitionierten malerischen Tätigkeit, ist mehr und mehr die Fusion von Licht und Farbe – Farbe als Licht, Licht als Farbe. 1959 erfolgt dann zwanglos und folgerichtig der stufenweise Uebergang zur Abstraktion. Das Sehen wird zum Wissen und das Wissen führt zu schlüssigen Bildformen, immer gesättigt vom Reichtum der Wahrnehmung. Die besagte Landschaft des Ortasees bietet sich dabei an als Halt und prägende Gegebenheit, als Koordinate neuer Bildfindungen und Erfindungen.
Die Bildtafel, eine glückliche Reminiszenz an die Bildträger der italienischen Malerei des Quattrocento, verselbstständigt sich. Anregungen durch Werke von Mondrian und Albers klären und stimulieren eigene Erkentnisse und Einsichten.
Die Tafel, zumeist quadratisch und bescheiden dimensioniert, ist nun das vorgegebene Territorium. Sie weist eine Materialstärke von zunächst etwa 10 mm, später etwa 3 mm auf. Die Bemalung wird auf den Seitenflächen weitergeführt. Alle formalen Setzungen beziehen sich auf das gesamte Feld, welches eine imaginierte Ausdehnung impliziert und herausfordert. Die interne geometrische Ordnung schafft Verhältnisse, die auf eine externe Ordnung verweisen. Die Differnzierung der Farbtöne und die Hell/Dunkel Abschattung wird durch einen Farbauftrag in vielen transparenten Schichten erreicht. Eine subtile Lichthaltigkeit und Geschlossenheit der Oberfläche betont die Einheit und Kohärenz von Bildobjekt und Bildmittel.
Ende der sechziger Jahre, am Anfang unserer Galerietätigkeit begegneten wir dem Maestro Calderara und durften die Obhut seiner Freundschaft in Anspruch nehmen. 1969 zeigten wir erstmals seine Werke. Mehrere weitere Ausstellungen folgten und die jetzige Schau ist Erinnerung und Hommage an einen besonderen Menschen und grossen Maler.
Installation view Raum 4
Installation view Raum 1
Installation view Raum 1
Installation view Raum 1
Installation view Raum 2
Installation view Raum 2
Installation view Raum 2
Installation view Raum 3
Installation view Raum 3
Installation view Raum 4
Installation view Raum 4
Installation view Raum 4
Installation view Büroraum
Installation view Büroraum
Installation view Büroraum
Installation view Büroraum
Installation view Büroraum
Senza Titolo
1956
39.5 x 32.5 cm
Grafit auf Papier
Silenzio
1964 -1965
24 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Studio
1959
24 x 18 cm
Oel auf Holztafel
Orizzonte (giallo)
1968
27 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Q 25 costellazione bianca in Q giallo
1971/72
27 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Pittura -5-
1974
27 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Senza Titolo
1974
27 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Autoritratto
1951
18 x 12 cm
Oel auf Holztafel
Figura al Sole
1949
16 x 13 cm
Oel auf Holztafel
Pittura 28-Scuola
1951-1954
18 x 14 cm
Oel auf Holztafel
Figura in Bianco
1952
18 x 14 cm
Oel auf Holztafel
Figura Femminile
17 x 9.5 cm
Oel auf Holztafel
Romantica (La Sposa)
1958
35 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Figure
1952
11.8 x 15 cm
Oel auf Holztafel
Intimità
1957
23 x 29.5 cm
Oel auf Karton auf Holztafel
Aquarello
1967
37.5 x 12.9 cm
Aquarell auf Papier
Orizzonte
1959
14 x 18 cm
Aquarell auf Papier
Quadrati e Rettangoli
1967
27 x 54 cm
Oel auf Holztafel
Spazio Luce
1963
18 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Senza Titolo
1974
21 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Senza Titolo (A Dadamaino)
1975
18 x 21 cm
Oel auf Holztafel
Senza Titolo
1973
27 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Lettera di un Convalescente
1977
13.5 x 13.5 cm
Aquarell auf Papier
Lettera di un Convalescente
1976
13.5 x 13.5 cm
Aquarell auf Papier
Lettera di un Convalescente
1976
13.5 x 13.5 cm
Aquarell auf Papier
Spazio Luce
1973
13.5 x 13.5 cm
Aquarell auf Papier
Senza Titolo
1976
27 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Senza Titolo
1977
27 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Spazio Luce
1977
27 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Epigramma
1978
24 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Epigramma
1978
24 x 27 cm
Oel auf Holztafel
Epigramma 4.1978
1978
24 x 18 cm
Oel auf Holztafel
Richard Tuttle
50 Years of Collaboration
25. September bis 30. November 2024
Glen Rubsamen
The Petrified Forest
Herausgeber: Glen Rubsamen
INSIGHT #3 beleuchtet das zeichnerische Werk von Fred Sandback anhand von drei Beispielen aus den Jahren 1974 und 1982.
Rita McBride, Momentum,
Dia Beacon, Beacon, NY
1. Juli 2023 bis Januar 2025
Ree Morton with Natalie Häusler,
To Each Concrete Man, Kunstmuseum Bochum
11. Oktober 2024 bis 23. Februar 2025
Sol LeWitt (1928–2007)
A Wall Drawing Retrospective
Yale University Art Gallery and Williams College Museum of Art
16. November 2008 – 2033